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Deportivo A Coruña – FC Barcelona: Playstation my ass!

Deportivo A Coruña – FC Barcelona 4:5
20.10.2012

Spannender Fußballabend Hilfsausdruck. Verrücktes Spiel Hilfsausdruck. An diese an sich nicht übermäßig bedeutende Ligapartie wird sich jeder, der sie gesehen hat, noch lange erinnern.

Barça tritt fast in bestmöglicher Besetzung an, nur Xavi wird geschont. Bestbesetzung heißt im Moment Mascherano und Song als Innenverteidiger.Wie in besten Zeiten beherrscht die Mannschaft den Gegner, geht nach drei Minuten in Führung und kombiniert sich nach einer Viertelstunde zu einem 3:0.
Nach einer halben Stunde fällt die improvisierte Abwehr das erste mal auf. Mascherano grätscht den allen anderen davongekommenen Riki am Strafraum ab, erwischt ihn aber kaum noch, weil der schon längst schwalbenderweise durch die Lüfte segelt. Also Elfmeter. Zu diesem Zeitpunkt kann noch jeder mit einem erschummelten Ehrentreffer leben.

Und dann erlebt Barça seinen ersten Schland-Moment des Abends. Valdés schüttet sich bei einem Weitschuss auf eine Weise an, die sogar bei einem Wirtshauskick für Unterhaltung sorgen würde. Auf einmal ist der Aufsteiger wieder im Spiel und wills jetzt wirklich wissen. Die Blauroten verlieren aber nicht den Faden und Messi verwertet die zweite Bistdudeppatwiegehtsowasbitte-Vorlage Fabregas‘ zur – voreiligen – Beruhigung.

4:2 zur Pause. Viel los in der ersten Halbzeit, aber es sollte noch unterhaltsamer werden.

Viele Zuschauer waren wahrscheinlich noch gar nicht vom Klo zurück, da folgte schon Valdés zweiter Griff in ebenjenes. Wunderschön ins Eck geschossener Freistoß. Aber das Tormanneck heißt halt nicht umsonst so. Und weils schon alle so lustig haben, gibt der Schiedsrichter Mascherano gleich darauf die gelbrote Karte. Inwieweit gerechtfertigt, darüber läßt sich streiten, aber zumindest hat Tito wieder eine defensive Denksportaufgabe mehr. Er entscheidet sich richtig und beläßt es bei drei Verteidigern. Für eine Abwehrschlacht ist das eindeutig der falsche Tag.

Damit verliert das Spiel viel an Dynamik, aber nicht an Dramatik. Barça tut sein Bestes, den Ball zu behalten und offensiv zu bleiben, aber konsequent in die Gefahrenzone traut man sich nicht, weil man sich bei etwaigem Ballverlust in der Rue de la Gack wähnt. Wenn Messi mitspielt, ist das aber kein großes Problem. Der umschifft die halbe Depor-Mannschaft mit einem seiner altbekannten Tempodribblings und macht sein drittes Tor. Viele gefährliche Angriffe der Heimmannschaft folgen nicht mehr, sind aber auch nicht notwendig, um Dramatik bis zum Schluss zu garantieren. Jordi Alba läuft einen weiten Diagonalpass vor das Tor ab, hat die Situation eigentlich schon bereinigt, entschließt sich statt zu klären aber zu einem wunderschön anzusehenden Heber über Valdés, wie ihn kein galizischer Stürmer zuwege bringen würde. Also noch eine Viertelstunde schwitzen.
Zumindest das 5:4 konnte man dann aber doch über die Zeit retten. Einen erlösenderen Schlusspfiff habe ich schon lange nicht mehr gehört.

Fazit

Drei Punkte auswärts erbeutet, Mission erfüllt, alles gut gegangen. Und nebenbei war es eines der unterhaltsamsten Spiele der jüngeren und älteren Vergangenheit.
Ein Resultat wie in den Fünfzigern, ein Spannungsbogen wie in Hollywood, schöne Tore wie gemalt, was will man mehr? Zu allererst eine Abwehr, die sich nicht dreieinhalb Gegentore selbst fabriziert. Dem fragwürdigen Elfer ist eine Rätselrally vor dem eigenen Strafraum vorausgegangen, eineinhalb Treffer gehören Victor Valdés und Albas Eigentor spricht für sich selbst.

 

Valdés: Sollte sich den Tag aus dem Kalender ausschneiden und als Definition von „Scheiß-Tag heute“ ins Lexikon einheften. Bevor die leidige Diskussion wieder ausbricht: Der Mann ist Weltklasse und wird wieder entsprechend Spielen. Wenn Messi drei Spiele nicht trifft, motzt doch auch keiner herum.

Montoya: Nicht ungut aufgefallen, was unter diesen Umständen auf seiner Position schon eine große Leistung ist. Wenn er so weitermacht, muß sich Alves bald anhalten.

Song: Bemüht, aber bis er als Innverteidiger wirklich spielen kann, werden noch einige Trainingseinheiten vergehen. Eins Gegen Eins kann er, aber für die Position noch sehr unorthodoxes Stellungsspiel.

Mascherano: Der Mann kann hinten alles, aber alleine die Abwehr organisieren wäre dann doch etwas viel verlangt. Hat mit der Hingabe einer siebenfachen Großmutter alle auftretenden Löcher gestopft so gut es ging und geriet dadurch erst in die Gelb-Situationen.

Alba: Gut gespielt und zwei schöne Tore erzielt. Meine Prognose: Kann spätestens morgen keine blöden Sprüche mehr hören.

Busquets: Recht unauffällig sein Ding durchgezogen. Wichtig wie immer.

Iniesta: Gewohnte Leistung im Mittelfeld und einige entscheidende Interventionen nach hinten.

Fabregas: Ganz klar sein Tag. Drei Vorlagen, zwei davon am Rande der newton’schen Grenzen.

Tello: Gehört inzwischen in die erste Mannschaft. Herrliche Haken bei seinem Tor.

Messi: Kein Kommentar.

Villa: Gut gespielt, fiel den Umstellungen nach der Gelbroten zum Opfer.

Adriano: An den momentanen Maßstäben gerechnet eigentlich auch schon gelernter Innenverteidiger…

Tito: Sein durchgehend ratloser Gesichtsausdruck täuscht. Hat aus den vorhandenen Ressourcen das Beste gemacht und richtig auf das Chaos reagiert.

 

Negativ: DEFENSIVE!

Positiv: Mentale Stärke. Irgendwo hat einmal ein Team schon mehr als drei Tore Vorsprung hergeschenkt. Die Mannschaft ist zwar arg geschwächt, behält aber auch bei abstrusen Rückschlägen die Konzentration. Um die Halbzeit herum wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, den Kopf zu verlieren.

 

Und jetzt?

Die defensive Baustelle bleibt uns erhalten. Es war richtig, Bartra in diesem Spiel nicht zu bringen, weil ein Debütant neben einem Abwehrchef anfangen sollte. In dieser Partie, in dieser chaotischen Notformation hätte man ihn nur verheizt. Wenn Puyol wieder fit ist, ist es aber schwer an der Zeit, ihn in die Mannschaft zu integrieren.
Bis zum Winter werden sich die Probleme wohl auflösen. Puyol und Piqué werden irgendwann wieder fit, Song wird taktisch besser geschult sein, Bartra besser integriert.

Weil immer bemängelt wird, daß defensive Mittelfeldspieler zu Innenverteidigern umfunktioniert werden: Aufgrund der Spielanlage Barças ist dies logisch und sinnvoll. Die geforderte Ballbehandlung, Antritt und Übersicht sind eher vorhanden als bei einem gestandenen Ausputzer.

Vielleicht sehen wir in nächster Zeit mehr Spiele mit ähnlicher Schlagseite. Übersteht die Mannschaft die nächsten Wochen ohne gröbere Unfälle, ist eigentlich nichts Dramatisches passiert. Und das Frühjahr kann mit einer Defensive beginnen, die diesen Namen auch verdient.

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